Privatpersonen, Vereine und Unternehmen können Tanz Bozen unterstützen – und damit einen wichtigen Beitrag zu einem hochwertigen Kulturangebot in unserem Land leisten. Bolzano Danza schafft über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg Gemeinschaft und lässt die verschiedensten Künste verschmelzen: von Architektur über Design und Musik bis zur darstellenden Kunst. Wer das Festival unterstützt, fördert gleichzeitig Kultur, Integration, Nachhaltigkeit … und Schönheit!
Alles beginnt mit der Liebe
Veröffentlicht am 08.07.2024
La stori di come l'incontro tra un uomo e una ballerina cubana a portato alla nascita di un festival, che dura da quarant'anni
Es heißt ja, alles beginnt mit der Liebe, was auch immer man unter diesem großen Wort verstehen mag. Um diesem ungeschriebenen, aber höchst erbaulichen Gesetz nicht zu widersprechen, wurde uns erfreulicherweise zugetragen, dass selbige auch der Quell war, aus dem einst das Festival Tanz Bozen hervorsprudelte, dessen sage und schreibe dreißigsten Geburtstag wir dieser Tage feiern. Das Wörtchen „Liebe“ und all das, was es verkörpert, beschreibt nicht nur die Zuwendung und Leidenschaft, die alle Tanzenden ihrer Kunst widmen, sondern auch die Liebe jener Tanzbegeisterten, die, obwohl sie selbst nicht tanzen – außer vielleicht ab und an in der Disco oder auf einem anderen Tanzboden, unter der Dusche oder, ein Lied grölend und linkische Bewegungen ausführend, vor dem eigenen Spiegel –, die Publikumsränge füllen und wie verzaubert die perfekten Körper bewundern, die auf der Bühne ihre makellosen Drehungen, Pirouetten und Sprünge absolvieren, von der Liebe der Choreograf:innen, der Lehrenden, der Musiker:innen und Tütüschneider:innen zu ihrer Profession gar nicht zu sprechen.
Im Falle von Tanz Bozen spielt die Liebe in ihrer vielleicht unmittelbarsten und gleichzeitig universellsten sowie körperlichsten Ausprägung (die dem Zauber jedoch keinen Abbruch tut) eine Rolle: als klassische Liebe zwischen Mann und Frau, wie sie im Buche steht.
Doch was hat diese Liebe mit Tanz Bozen zu tun? Einer Einladung des Turiner Teatro Nuovo folgend begibt sich die Kubanerin Eléna Aurora Màdan Vera Ende Juni 1982 nach Vignale Monferrato, in der Provinz Alessandria im Piemont. Künstlerische Leiterin des dortigen Festivals Vignale Danza ist zu diesem Zeitpunkt Loredana Furno, mit der die Tänzerin befreundet ist.
Kubas Exportwirtschaft lebt von einigen wenigen „Rohstoffen“: Tourismus, Zuckerrohr, Tabak und Tanz. Eléna ist dort mehr als nur eine einfache Tanzlehrerin, sondern eine der drei Maîtres a danser der Primaballerina Alicia Alonso.
In Vignale angekommen, springt sie leichtfüßig die Treppe ihrer Unterkunft hinauf. Der Wirt, der das Hotel leitet, ist Roberto Santopietro. Einmal, gleich am ersten Tag ihres Aufenthaltes, sieht er sie jene Treppe emporsteigen, erblickt ihre Fußgelenke samt der Narbe an der Achillessehne, und mit dem erfahrenen Auge eines Volleyballers, der selbst schon Opfer dieses Peitschenhiebes geworden ist, zieht er seine Schlüsse. Vor allem aber sieht er diese herrlichen, eleganten Fesseln. Aller Widerstand ist zwecklos, es trifft ihn wie ein Blitz. Da man sich aber, nach allem, was man so weiß, nicht in die Fußknöchel allein verliebt, musste sich Eléna kurz umdrehen, nur um augenblicklich – und wir alle können das einstimmig bestätigen – dieselben Gefühle für den Wirt zu entwickeln.
Aufgrund der Wichtigkeit, die der Tanz für das kubanische Regime spielte, und der diktatorischen Akribie, welche dasselbe auszeichnete, sowie aufgrund verschiedenster Versuche, der Kontrolle der Regierung zu entgehen, indem man sich im Tanz ausbilden ließ und dann, sobald man ins Ausland gesandt wurde, als Dissident dort verblieb, treibt sich auch in Vignale ein trister, grauer Vertreter der Regierung herum, dessen Aufgabe darin besteht, alles genau zu beobachten und eventuellem Dissidententum, als wäre es eine Krankheit, vorzubeugen. Die stolze Eléna, die in Kuba einen Ehemann hat, erklärt den Behörden, dass sie nicht die Absicht habe, aus ihrem Land zu fliehen, sondern ganz im Gegenteil, dorthin zurückzukehren, um die Scheidung einzureichen und Fidel, den sie persönlich kenne, darum zu bitten, ihr eine Rückkehr nach Italien zu ermöglichen, und zwar nicht als Dissidentin oder um dem Regime gegenüber Zwietracht zu säen, sondern schlicht der Liebe wegen. Damit einverstanden nimmt man ihr daheim im Kuba den Reisepass ab, beschlagnahmt alle Briefe des Geliebten und verbietet ihr, die an ihn verfassten abzuschicken. Die Liebe, die so blitzartig über sie hereingebrochen war, erlebt nur einen sehr kurzen Sommer, ja in Wirklichkeit sind es lediglich zwei Monate.
Doch in ihren Herzen lodert sie weiter. Ganz andere Gründe bringen Santopietro in Bozen mit zwei Menschen in Kontakt, mit denen ihn später eine enge Freundschaft verbinden wird: Hannelore und Francesco D’Onofrio. Über das Ehepaar D’Onofrio begegnet Santopietro zu verschiedenen Anlässen, die teils auch in Vignale stattfinden, Roberto Seppi. Dieser setzt Santopietro, als er das dort ansässige „internationale“ Tanzfestival sieht, einen Floh ins Ohr: „Warum organisierst du nicht etwas Ähnliches in Bozen?“ Zu diesen für die Entstehung von Tanz Bozen essenziellen Treffen gesellen sich auch Remo Ferretti und Luisa Spagnoli. Renzo Caramaschi ist damals Leiter der Kulturabteilung in der Gemeinde Bozen.
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1984. Zwei Jahre sind seit der Begegnung mit Eléna vergangen. Doch die beiden Herzen schlagen immer noch füreinander.
Die Idee, sich für die Organisation eines Tanzfestivals zu engagieren, scheint ihm die effizienteste Art und Weise zu sein, Loredana Furno dazu anzustacheln, all ihre Kontakte in Bewegung zu setzen, um Eléna, in ihrer Funktion als herausragende Tänzerin, ins Land zu holen. Furno legt sich ins Zeug, das Festival wird geboren, doch Eléna kommt nicht. Er und sie hören erst viele Jahre später wieder voneinander, dem Internet sei gedankt. Und obwohl beide mittlerweile einen eigenen Weg eingeschlagen hat, bleibt jene Begegnung, die nur von so kurzer Dauer war, für sie und ihn immer noch eine große Liebe, und er träumt bis heute – wenn auch mit einem Hauch von Nostalgie – von den schönen Fesseln der Eléna Aurora Màdan Vera. Damals, als Tanz Bozen aus der Taufe gehoben wurde, erkundigt sich Renzo Caramaschi bei Roberto Santopietro, welche finanzielle Vergütung er sich für seine Anstrengungen denn vorgestellt habe? Santopietro gibt zurück, er habe sich keinerlei Vergütung vorgestellt. Das Festival, das organisiere er nur „für die Liebe“.
Fabio Santopietro
Stadt Hotel Gazette | Gazzetta del Città 2014
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